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Beschluss des Bundesverfassungsgerichts

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Beschluss vom 24.01.2023 hat das Bundesverfassungsgericht (1 BvL 11/20) über den Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Sozialgerichts München vom 25.06.2020 (S 12 KR 1865/18) entschieden. Das Sozialgericht München hatte verfassungsrechtliche Zweifel in Bezug auf die Legitimierung des DIMDI (heute BfArM) und die durch das PpSG eingeführte Möglichkeit rückwirkender Klarstellungen durch das DIMDI geäußert.

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit dem Beschluss festgestellt, dass die Vorlage unzulässig war.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24.01.2023 – BvL 11/20

I Fragestellung

Das Sozialgericht München hatte vom Bundesverfassungsgericht mit dem Aussetzungs- und Vorlagebeschluss vom 25.06.2020 (S 12 KR 1865/18) eine Entscheidung dahingehend eingeholt,

1. ob der durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz vom 11. Dezember 2018 (Bundesgesetzblatt I Seite 2394) hinzugefügte § 301 Absatz 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), gültig ab dem 1. Januar 2019, insoweit gegen den Gesetzesvorbehalt der Artikel 20 Absatz 2 und 3, Artikel 87 Absatz 3 des Grundgesetzes verstößt, als die in § 301 Absatz 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ermächtigte Behörde des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) nur durch Ministerialerlass und nicht durch Parlamentsgesetz errichtet wurde,

2. ob der durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz vom 11. Dezember 2018 (Bundesgesetzblatt I Seite 2394) hinzugefügte § 301 Absatz 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), gültig ab dem 1. Januar 2019, insofern gegen das Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz) verstößt, als in § 301 Absatz 2 Satz 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) zur rückwirkenden Klarstellung und damit gegebenenfalls auch Vernichtung materieller Rechtspositionen ermächtigt wird.

Insbesondere war zwischen Krankenhäusern und Krankenkasse heftig umstritten, ob der durch das PpSG eingeführte § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V

„Das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information kann bei Auslegungsfragen zu den Diagnosenschlüsseln nach Satz 1 und den Prozedurenschlüsseln nach Satz 2 Klarstellungen und Änderungen mit Wirkung auch für die Vergangenheit vornehmen, soweit diese nicht zu erweiterten Anforderungen an die Verschlüsselung erbrachter Leistungen führen.“

verfassungsgemäß ist.

Mithin betraf das Vorlageverfahren die Frage der Verfassungsmäßigkeit der durch § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Pflegepersonals (Pflegepersonal-Stärkungsgesetz – PpSG) vom 11. Dezember 2018 (BGBl I S. 2394) dem Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) übertragenen Befugnis, bei Auslegungsfragen zu Diagnoseschlüsseln und Prozedurenschlüsseln im Zusammenhang mit einer Krankenhausbehandlung selbst Klarstellungen und Änderungen mit Wirkung auch für die Vergangenheit vorzunehmen.

In der Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 19/5593, S. 123 f.) heißt es, die vom DIMDI herausgegebenen Verschlüsselungen der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) und des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) enthielten auch Ausführungen zur Anwendung dieser Schlüssel. In der Praxis sei die Auslegung struktureller Anforderungen bei Komplexziffern des OPS streitig gewesen. Das zeigten die Urteile des Bundessozialgerichts vom 19.06.2018 zur Auslegung der Transportentfernung im OPS 8-98b und OPS 8-981 sowie vom 19.12.2017 zur geriatrisch frührehabilitativen Komplexbehandlung (OPS 8-550). Die Neuregelung sollte vermeiden, dass aufgrund von Auslegungsunsicherheiten eine Vielzahl zurückliegender Abrechnungsverfahren erneut aufgegriffen und abgerechnet würden. Sie stelle klar, dass das DIMDI Klarstellungen und Änderungen der Formulierungen auch mit Wirkung für die Vergangenheit vornehmen könne. Zur Vermeidung einer unzulässigen Rückwirkung dürften sich diese nicht zum Nachteil von Leistungserbringern nachträglich ändernd auf bereits abgeschlossene Sachverhalte auswirken.

II Sachverhalt

Die Klägerin des beim Sozialgericht München anhängigen Ausgangsverfahrens ist eine Krankenkasse, die Beklagte des Ausgangsverfahrens Trägerin einer Kreisklinik. Die Klinik verfügte 2014 über eine gefäßchirurgische Abteilung, nicht aber über eine Abteilung für neurochirurgische Notfalleingriffe oder interventionell-neuroradiologische Behandlungsmaßnahmen. Im Jahr 2006 hatte die Beklagte daher einen Kooperationsvertrag mit dem Klinikum (…) im Rahmen eines Projekts zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region „zum Zweck der nachhaltigen und flächendeckenden Qualitätsförderung der regionalen Schlaganfallbehandlung in Krankenhäusern ohne spezialisierte Stroke Unit“ geschlossen.

In der Klinik der Beklagten wurde im August 2014 eine bei der Klägerin versicherte Person stationär behandelt. Die Klägerin beglich zunächst eine Rechnung über 3.490,07 Euro, der unter anderem der Kode 8-98b (andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls) nach dem OPS Version 2014 zugrundelag. Dieser Kode setzte unter anderem voraus, dass eine Abteilung für neurochirurgische Notfalleingriffe im Hause oder mittels eines Kooperationspartners in höchstens halbstündiger Transportentfernung als der Zeit zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende verfügbar ist.

Die Klägerin machte vor dem Sozialgericht einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 992,11 Euro nebst Zinsen geltend, als Differenz zwischen der von der Beklagten abgerechneten Vergütung und der Vergütung, die ohne Kodierung der OPS-Ziffer 8-98b angefallen wäre. Sie meint, die von OPS 8-98b geforderte Transportzeit von einer halben Stunde beginne mit der Anforderung des Transportmittels und ende mit der Übergabe des Patienten an das kooperierende Krankenhaus. Damit sei die Behandlung nicht in der geforderten halben Stunde zu erreichen.
Auf Grundlage des mit Wirkung zum 1. Januar 2019 eingeführten § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V veröffentlichte das DIMDI am 3. Dezember 2018 eine „Klarstellung und Änderung“ zu Kode 8-98b als Anhang zu OPS 2019, die rückwirkend ab dem 1. Januar 2014 gelten sollte. Zu den Mindestmerkmalen des Kode 8-98b heißt es für den Zugang zu neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen:

„… Es gibt jeweils eine eigene Abteilung im Hause oder einen Kooperationspartner in höchstens halbstündiger Transportentfernung (Zeit , der innerhalb einer halben Stunde zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende). (das ist die Zeit, die der Patient im Transportmittel verbringt) erreichbar ist. Das Strukturmerkmal ist erfüllt, wenn die halbstündige der Transportentfernung unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels (z.B. Hubschrauber) grundsätzlich erfüllbar innerhalb einer halben Stunde möglich ist. Wenn der Transport eines Patienten erforderlich ist und das Zeitlimit nur mit dem schnellstmöglichen Transportmittel eingehalten werden kann, muss dieses auch tatsächlich verwendet werden. Wenn ein Patient transportiert wurde und die halbe Stunde nicht eingehalten werden konnte, darf der Kode nicht angegeben werden.“

Auf die im Rahmen der Amtsermittlung vom Sozialgericht gestellte Anfrage an die DRF Stiftung Luftrettung gemeinnützige AG erklärte diese, für die Strecke zwischen dem Ort der Stationierung zur Klinik der Beklagten sowie von dort zur Kooperationsklinik (…) betrage die reine Regeltransportzeit zur Tages- und Nachtzeit jeweils etwa 25 Minuten. Sie könne sich durch wetterbedingte Umwege oder starke Gegen- oder Rückenwinde deutlich verändern. Die Übernahme- und Übergabezeiten blieben unberücksichtigt; sie könnten sich je nach Diagnose und Patientenvorbereitung beziehungsweise -zustand beim Eintreffen des Hubschraubers deutlich unterscheiden.

1. Das Sozialgericht München hielt die Vorlagefragen für entscheidungserheblich, da die Begründetheit der Klage von der Verfassungswidrigkeit des § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V abhänge. Wäre die Norm verfassungswidrig, sei die Klarstellung des DIMDI nichtig, das im OPS-Kode 8-98b enthaltene Transportzeiterfordernis anders auszulegen und die Voraussetzungen des OPS 8-98b nicht erfüllt. Die Klägerin hätte dann 992,11 Euro ohne Rechtsgrund gezahlt, so dass der Erstattungsanspruch bestehe. Laut Auskunft der DRF Luftrettung betrage die reine Flugzeit des Hubschraubers mit Anflug sowie Flug zwischen Klinik und kooperierendem Klinikum bereits 50 Minuten, und es seien nach Auskunft der DRF Luftrettung jeweils mindestens 10 Minuten für das Ein- und Ausladen hinzuzurechnen. Damit werde das 30-Minuten-Kriterium auf jeden Fall verfehlt. Sei § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V hingegen verfassungsgemäß und die darauf gestützte Klarstellung des DIMDI wirksam, stünde der Klägerin der geltend gemachte Erstattungsanspruch nicht zu. Die Beklagte hätte dann zu Recht den OPS 8-98b abgerechnet, denn die Zeit, die ein zu verlegender Patient im Hubschrauber verbringe, liege mit 25 Minuten unterhalb der geforderten 30-Minuten-Grenze.

2. Das Sozialgericht hielt § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V auch für verfassungswidrig, da, wie näher dargelegt wird, die erforderliche gesetzliche Grundlage für das Handeln des DIMDI fehle, dieses gegen das Rückwirkungsgebot verstoße und eine Missachtung des Rechtsprechungsmonopols der Gerichte bewirke.
Eine verfassungskonforme Auslegung komme nicht in Betracht. Der Wortlaut stehe einem Verständnis, wonach sich die Ermächtigung in § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V nur auf reine Klarstellungen beziehe, klar und unmissverständlich entgegen, da die Norm das DIMDI explizit zu „Änderungen“ der OPS-Kodes ermächtige. Eine solche Deutung widerspräche zudem dem klar geäußerten Willen des Gesetzgebers, dem es gerade um eine rückwirkende Korrektur der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum OPS-Kode 8-98b gegangen sei.

III Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts gelangte zu der Feststellung, dass die Vorlage des Sozialgerichts München unzulässig war.

1. Die Vorlage ist unzulässig. Sie genügt den aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG folgenden Darlegungsanforderungen nicht. Die nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG erforderliche Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage steht nach dem Stand der durch das vorlegende Gericht angestellten Ermittlungen nicht fest.

2. Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss ein vorlegendes Gericht darlegen, aus welchen Gründen es von der Verfassungswidrigkeit einer Norm überzeugt ist und dass und weshalb es im Falle der Gültigkeit der Vorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Fall ihrer Ungültigkeit. Die Ausführungen müssen erkennen lassen, dass die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift sorgfältig geprüft worden ist. Die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit richtet sich grundsätzlich nach der Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts. Doch darf diese nicht offensichtlich unhaltbar sein.

3. Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellt in dem Beschluss fest, dass die Vorlage des Sozialgerichts München den genannten Anforderungen nicht gerecht wird. Die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen wurde nicht ausreichend dargetan.

a) Zwar lege das Sozialgericht schlüssig dar, dass der Klage für den Fall der Verfassungswidrigkeit des § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V stattzugeben wäre. Dagegen ist die Annahme des Sozialgerichts, im Falle der Verfassungsmäßigkeit des § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V wäre das nicht der Fall, weil die Abrechnung durch die Beklagte zuträfe, nicht hinreichend nachvollziehbar. Hier setzt das Sozialgericht die Verweildauer des Patienten im Transportmittel mit der mitgeteilten Regelflugzeit gleich, berücksichtigt aber weder den Hinweis der DRF Luftrettung auf die wetterbedingten Faktoren, die schon diese verändern können, noch den Hinweis auf Übernahme- und Übergabezeiten, obwohl naheliegt, dass sich der Patient teilweise hierbei schon beziehungsweise noch im Transportmittel befindet. Damit ist nicht hinreichend dargelegt, warum dennoch eine Transportzeit von unter 30 Minuten gewahrt worden sein könne. Ohne weitere tatsächliche Feststellungen kann zumindest nicht davon ausgegangen werden, dass der Transport, wie nach dem OPS-Kode gefordert, „grundsätzlich“ innerhalb einer halben Stunde erfolgen könne.

Darüber hinaus fehlen Feststellungen dazu, ob der erforderliche unmittelbare Zugang zu den relevanten Behandlungsmaßnahmen durch den Kooperationsvertrag gewährleistet war. In dem damals geltenden Kooperationsvertrag verpflichtete sich das kooperierende Klinikum lediglich dazu, die Aufnahmebereitschaft in bestimmten Stationen unter Einbezug der in der Region bereits etablierten Einrichtungen soweit möglich zu optimieren, jedoch unter Berücksichtigung der limitierten Aufnahmefähigkeit der involvierten Schlaganfallzentren (…) und Universitätsklinikum (…). Damit ist nicht klar, dass ein unmittelbarer Zugang zu allen erforderlichen medizinischen Leistungen durch den Kooperationspartner gewährleistet war. Zudem lässt das Sozialgericht unberücksichtigt, dass der Kooperationspartner nach dem Vertrag berechtigt war, die vereinbarten Leistungen auch durch das Universitätsklinikum (…) zu erbringen, da Leistungen durch Einzelauftrag beim jeweiligen diensthabenden Schlaganfallzentrum angefordert werden. Damit ist unklar, inwiefern hier allein die Verlegung an das (…) in Rede stand und die andere Möglichkeit überhaupt nicht in Betracht gezogen wurde.

b) Unklar sei die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage für den im Ausgangsverfahren geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch zudem, weil jedenfalls nicht auf der Hand liege, dass der Vergütungsanspruch als Rechtsgrund für die geleistete Zahlung von der Regelung des § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V sowie der hierauf gestützten Klarstellung durch das DIMDI abhängig ist. Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter in einem zugelassenen Krankenhaus bemisst sich grundsätzlich nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz und § 17b Krankenhausgesetz. Dazu vereinbaren der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft einen Fallpauschalen-Katalog. Dieser enthält auch die Bewertungsrelationen und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren, die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR). Dies ist der vertragsrechtliche Rahmen der für eine Behandlung maßgeblichen Diagnosis Related Groups (DRG)-Position. Ihre Verbindlichkeit folgt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind, nicht dagegen aus § 301 SGB V.

Das Sozialgericht setze sich mit der Frage der Verbindlichkeit des Klassifikationssystems OPS für den Vergütungsanspruch nicht weiter auseinander. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hätte es aber entweder darlegen müssen, dass es hiervon abweichend das Klassifikationssystem OPS nach § 301 SGB V für verbindlich hält, oder aber inwieweit sich die als unwirksam erachtete rückwirkende Änderung des Klassifikationssystems OPS auf die vertraglich geregelte Rezeption des OPS auswirkt. Insoweit wäre auch eine Auseinandersetzung mit den damals geltenden vertraglichen Regelungen erforderlich gewesen. Nicht ausreichend ist es, allgemein auf den in der Begründung zum Gesetzentwurf niedergelegten gesetzgeberischen Willen abzustellen, für zurückliegende Abrechnungsverfahren Klarstellungen und Änderungen der Formulierungen des OPS vorzunehmen.

c) Ob die Ermächtigung des § 301 Abs. 2 Satz 4 SGB V in der Fassung vom 11. Dezember 2018 verfassungskonform so zu verstehen sein kann, dass nur Klarstellungen legitimiert sind, die keine inhaltlichen Änderungen mitbringen, muss hier nicht geklärt werden. Auch dies wird mit der Vorlage nicht den Anforderungen entsprechend dargelegt. So wird nicht näher geklärt, was daraus folgt, dass die Begründung zum Gesetzentwurf nur auf „Änderungen der Formulierungen“ abhebt (vgl. BTDrucks 19/5593, S. 123 f.) und ein auf die Ermächtigung zur Klarstellung und Änderung unter anderem des OPS 8-98b bezogener Änderungsantrag (BTDrucks 19/5593, S. 105) keinen Eingang in den Gesetzestext gefunden hat.

IV Fazit

Das Bundesverfassungsgericht musste sich auf Grund der festgestellten Unzulässigkeit des Vorlagebeschlusses mit den eigentlichen verfassungsrechtlichen Fragen nicht mehr beschäftigen.

Dies ist sehr bedauerlich, hatten doch die Krankenhäuser, die Krankenkassen und nicht zuletzt auch die Gerichte auf eine wegweisende Entscheidung aus Karlsruhe gehofft.

Die nähere Zukunft wird zeigen, wie sich die Sozialgerichte nun zur streitigen Problematik der Transportdauer und der Klarstellungsbefugnis des BfArM (früher: DIMDI) positionieren werden.

Letztendlich wird es aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu weiteren Richtervorlagen der Instanzgerichte kommen. Sollte das Bundesverfassungsgericht diese für zulässig erachten, wird eine Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit ergehen.

Bis zu einer solchen Entscheidung wird aber noch geraume Zeit vergehen, sodass mit einer schnellen Lösung eher nicht zu rechnen ist.

Entscheidungen der Gerichte zur beschriebenen Konstellation werden jedoch nur Wirkung für die Vergangenheit haben. Auf Grund der Änderungen im OPS-Katalog 2021 sind Feststellungen zur Transportdauer nur noch für Sachverhalte vor dem 01.01.2021 relevant.

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