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§ 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 steht einer Datenänderung außerhalb der 5 Monatsfrist nur dann entgegen, soweit der Datensatz Gegenstand des Püfverfahrens geworden ist

Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.05.2021, B 1 KR 34/20 R

Wie bereits durch unsere Mandanteninformation 02/2021 mitgeteilt, hat das BSG mit mehreren Entscheidungen vom 18.05.2021 entschieden, dass die Änderung des nach § 301 SGB V an die Krankenkasse übermittelten Datensatzes nach Ablauf der dort geregelten Änderungsmöglichkeiten grundsätzlich unzulässig ist, soweit er Gegenstand des Prüfverfahrens war. Datenänderungen, die nicht den vom Prüfgegenstand erfassten Teil des Datensatzes betreffen, sind innerhalb der Grenzen von Verwirkung und Verjährung (Rechnungsjahr + das darauffolgende Kalenderjahr) zulässig.

Uns liegt nunmehr die Urteilsbegründung zu dem Verfahren B 1 KR 34/20 R vor, die weitere interessante Grundsätze beinhaltet, die wir kurz zusammenfassen möchten.

So hat das BSG zunächst festgestellt, dass 17c Abs. 2a Satz 1 KHG (i.d.F. des Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen <MDK­Reformgesetz> vom 14.12.2019, BGB/ I 2789, mit Wirkung vom 1.1.2020), wonach eine Korrektur der an die Krankenkasse übermittelten Abrechnung durch das Krankenhaus grundsätzlich ausgeschlossen ist, jedenfalls nicht rückwirkend auf Sachverhalte anzuwenden ist, bei denen das Krankenhaus vor Inkrafttreten der Regelung wirksam die Abrechnung korrigiert hat.

§ 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 selbst bewirkt eine materielle Präklusionsregelung mit der Rechtsfolge, dass Änderungen zugunsten des vom Krankenhaus zu Abrechnungszwecken an die Krankenkasse übermittelten Datensatzes nach Ablauf der in der PrüfvV geregelten Änderungsfristen unzulässig sind, soweit der Datensatz Gegenstand des Prüfverfahrens geworden ist. Ist der „neue“ Datensatz hingegen kein Gegenstand des Prüfverfahrens, so ist dieser innerhalb der Grenzen von Verwirkung und Verjährung (Rechnungsjahr + das darauffolgende Kalenderjahr) noch zu berücksichtigen. Das BSG folgert dies aus § 7 Abs. 5 Satz 3 PrüfvV 2014.

Änderungen des MDK-geprüften Teils des Datensatzes nach § 301 SGB V außerhalb der in § 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 geregelten Änderungsmöglichkeiten sind – auch mit Wirkung für ein ggf. nachfolgendes Gerichtsverfahren – unzulässig. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses kann nicht erfolgreich auf Grundlage von neuen (geänderten oder ergänzten) Daten durchgesetzt werden, deren Übermittlung unzulässig ist.

Insoweit hat das BSG den Gerichten ein Verwertungsverbot unzulässig –weil zu spät- übermittelter Daten auferlegt.

Voraussetzung für die Fälligkeit des Anspruchs auf eine – wie im streitgegenständlichen Fall – höhere Vergütung ist eine ordnungsgemäß korrigierte Abrechnung. Diese liegt nur vor, wenn die betreffenden Daten nach § 301 SGB V rechtmäßig noch übermittelt werden durften. Dagegen kann der Vergütungsanspruch, insbesondere auch eine Nachforderung, weiterhin mit anderen, nicht von der materiellen Präklusion erfassten Daten innerhalb der Grenzen von Verwirkung und Verjährung erfolgreich durchgesetzt werden.

Insoweit müssen die rechtmäßig übermittelten Daten jedoch zutreffend sein; unzutreffende Daten können grundsätzlich keinen Vergütungsanspruch begründen. Die Rechtsfolge des§ 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 hat daher Auswirkungen nicht nur für den Austausch der Daten zur Begründung einer Nachforderung, sondern auch für Datenänderungen zur Begründung eines gleichbleibenden oder verminderten Rechnungsbetrags. Denn soweit der nicht mehr veränderbare Teil des Datensatzes unzutreffende Daten enthält, kann das Krankenhaus hierauf regelmäßig keinen durchsetzbaren Vergütungsanspruch stützen. Unzutreffende, nicht mehr änderbare Daten fallen als Berechnungselemente grundsätzlich ersatzlos weg. Dies gilt allerdings nicht, wenn es „nur“ um quantitative Angaben geht (z.B. Dauer der Beatmungsstunden, Geburtsgewicht, OPS-Kodes mit quantitativen Unterscheidungen), also nicht ein Aliud, sondern ein Minus oder ein Maius zutreffend hätte kodiert werden müssen,

Die Regelung einer solchen materiellen Präklusionswirkung ist nach der Entscheidung des BSG auch durch die Ermächtigungsgrundlage in § 17c Abs. 2 KHG gedeckt. Damit wurde eine weitere Grundsatzfrage geklärt, die bundesweit in den Sozialgerichten und Landessozialgerichten unterschiedlich bewertet wurde.

Gegen ein Verständnis des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 als materiell-rechtliche Ausschlussfrist für Nachforderungen des Krankenhauses im Sinne eines vollständigen Anspruchsverlustes allein durch Zeitablauf spricht, dass eine solche Rechtsfolge weder mit diesem Begriff noch mit einer entsprechenden inhaltlichen Regelung im Wortlaut aufzufinden ist. Wegen der weitreichen­den Folgen wäre dies jedoch grundsätzlich zu erwarten gewesen.

Bei einer (reinen) Wirtschaftlichkeitsprüfung ist eine Änderung des Datensatzes nie vom sachlichen Anwendungsbereich des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 erfasst. Denn die Datenkorrektur betrifft immer die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnung. Im Gegensatz hierzu betrifft die Wirtschaftlichkeitsprüfung die Frage, ob das Krankenhaus keine oder eine die Krankenkasse finanziell weniger belastende Behandlung hätte durchführen. Hierfür ist keine Änderung des richtigen Datensatzes erforderlich, sondern eine ergänzende Information des Krankenhauses, dass trotz zutreffenden Datensatzes der Vergütungsanspruch wegen § 12 Abs. 1 SGB V nur in geringerer Höhe besteht.

Dies bedeutet beispielsweise, dass bei einer ausschließlichen Fehlbelegungsprüfung eine Rechnungskorrektur hinsichtlich ICD oder OPS grundsätzlich noch möglich ist.