Artikelbild Medikamentenpausierung
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Medikamentenpausierung stellt einen therapeutischen Aufwand im Sinne der DKR D003 dar

Sachverhalt:

Mit Urteil vom 10.12.2020 hat das LSG Hessen (Aktenzeichen: L 8 KR 158/19 – noch nicht veröffentlicht) entschieden, dass das Absetzen eines Medikaments einen Ressourcenverbrauch im Sinne der DKR D003 (Nebendiagnosen) darstellt und gab damit der Berufung des noch erstinstanzlich unterlegenen Krankenhauses gegen die verklagte Krankenkasse statt.

Streitgegenständlich war die stationäre Behandlung einer Patientin im Jahre 2017 aufgrund einer gedeckt perforierten phlegmonösen Sigmadivertikulitis nach CDD Stadium Typ IIa, angrenzend mit einer mitreagierenden Ovarialzyste. Die Patientin wurde zunächst konservativ behandelt. Das Krankenhaus forderte ein rheumatologisches Konsil der Klinik für Innere Medizin des Krankenhauses zu der Fragestellung an, ob die immunsuppressive Therapie mit Cortison und Azathioprin pausiert werden könne. Diese empfahl am 21. April 2017, Azathioprin abzusetzen und Prednisolon weiterzuführen. Nach Wiederaufnahme der Patientin erfolgte am 12. Mai 2017 eine anteriore Rektosigmoid-Resektion.

Die Klägerin führte beide Behandlungsfälle zusammen und rechnete diese gegenüber der Beklagten in Höhe von ca. 15.000,- € ab.

Die Krankenkasse ließ den Fall durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MD) prüfen und vertrat unter Zugrundelegung der gutachterlichen Stellungnahme des MD die Auffassung, dass die vom Krankenhaus kodierte Nebendiagnose D90 (Immunkompromittierung nach Bestrahlung, Chemotherapie und sonstigen immunsuppressiven Maßnahmen) zu streichen sei. Ein Aufwand durch Telefonate sowie Absetzen von Azathioprin sei nicht plausibel. Sie rechnete sodann den sich durch die Streichung der Nebendiagnose D90 ergebenden Differenzbetrag in Höhe von etwas mehr als 4.500,- € mit der unstreitigen Forderung aus einem anderen Behandlungsfall auf.

Das Krankenhaus reichte daraufhin Zahlungsklage ein. Das erstinstanzlich zuständige SG Wiesbaden wies die Klage noch als unbegründet ab. Das LSG Hessen hob dieses Urteil in der Berufungsinstanz wieder auf und verurteilte die Krankenkasse zur Zahlung des streitgegenständlichen Betrages.

Zwar ist allein die Einholung eines Konsils bei bekannter Diagnose und Medikation keine diagnostische Maßnahme im Sinne der DKR D003. Jedoch stellte die Entscheidung der behandelnden Krankenhausärzte, das bei der Patientin zur Immunkompromittierung eingesetzte Medikament Azathioprin vor der Operation abzusetzen, eine das Patientenmanagement beeinflussende „therapeutische Maßnahme“ in Folge des Konsils dar. Es war aufgrund der Nebenerkrankung eine zusätzliche Leistung in Form der Einholung eines ärztlichen Konsils erforderlich, die sodann eine therapeutische Maßnahme auslöste. Das ist nach dem Wortlaut der DKR D003 ausreichend.

Fazit:

Mit dem Urteil des LSG Hessen liegt nunmehr ein höherinstanzliches Urteil vor, welches bestätigt, dass auch das Absetzen eines Medikaments aus therapeutischen Gründen einen Ressourcenverbrauch darstellt. Es bleibt abzuwarten, ob sich weitere Gerichte dieser Auffassung anschließen oder aber es irgendwann einer höchstrichterlichen Entscheidung durch das Bundessozialgericht bedarf.

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