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Keine Arbeit, kein Urlaub?

Kurzarbeit Null kürzt den Urlaubsanspruch!

Urteil des LAG Düsseldorf vom 12.03.2021 - Aktenzeichen 6 Sa 824/20

 

Die juristischen Fragen, die die Coronapandemie aufwirft, sind nach wie vor aktuell und bestimmen in vielen Bereichen das tägliche Leben. Gerade Fragen um das Thema Kurzarbeit beschäftigen aktuell die Arbeitsgerichte. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf musste sich in diesem Zusammenhang unter dem Aktenzeichen 6 Sa 824/20 mit der Frage auseinandersetzen, welche Auswirkungen die Kurzarbeit auf Null auf den Urlaubsanspruch hat.

Voraussetzungen von Kurzarbeit

Grundsätzlich kann nach § 95 SGB III ff. Kurzarbeit angeordnet werden, wenn ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind sowie der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt wurde. Obgleich dies auch im hier streitgegenständlichen Fall unproblematisch bejaht werden konnte war die Frage, wie der Status des Arbeitsverhältnisses während der Kurzarbeit einzuordnen ist.

Sachverhalt

Die Klägerin ist seit dem 01.03.2011 als Verkäuferin mit Backtätigkeiten bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist in einer Drei-Tage-Woche in Teilzeit tätig. Vereinbarungsgemäß stehen ihr pro Jahr 28 Werktage bzw. umgerechnet 14 Arbeitstage Urlaub zu. Ab dem 01.04.2020 galt für die Klägerin infolge der Coronapandemie von April bis Dezember wiederholt Kurzarbeit Null. In den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 bestand diese durchgehend. Im August und September 2020 hatte die Beklagte ihr insgesamt 11,5 Arbeitstage Urlaub gewährt.

Sichtweise der Arbeitnehmerin

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kurzarbeit keinen Einfluss auf ihre Urlaubsansprüche habe. Konjunkturbedingte Kurzarbeit erfolge nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers, sondern im Interesse der Arbeitgeberin. Kurzarbeit sei auch keine Freizeit. So unterliege sie während der Kurzarbeit Meldepflichten. Auch könne die Arbeitgeberin die Kurzarbeit kurzfristig vorzeitig beenden, weswegen es an einer Planbarkeit der freien Zeit fehle. Sie begehrt deshalb die Feststellung, dass ihr für das Jahr 2020 der ungekürzte Urlaub von 14 Arbeitstagen zusteht, somit ein Urlaubsanspruch von weiteren 2,5 Tagen

Sichtweise des Arbeitgebers

Die Arbeitgeberin ist anderer Auffassung: Mangels Arbeitspflicht während der Kurzarbeit Null entstünden keine Urlaubsansprüche. Sie habe deshalb den Urlaubsanspruch der Klägerin für 2020 bereits vollständig erfüllt.

Entscheidung des Gerichts

Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf hat die Klage ebenso wie das Arbeitsgericht Essen abgewiesen. Aufgrund der Kurzarbeit Null in den Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 hat die Klägerin in diesem Zeitraum keine Urlaubsansprüche gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz erworben. Der Jahresurlaub 2020 steht ihr deshalb nur anteilig im gekürzten Umfang zu. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null war der Urlaub um 1/12 zu kürzen, was sogar eine Kürzung um 3,5 Arbeitstage ergeben würde. Im Hinblick darauf, dass der Erholungsurlaub bezweckt, sich zu erholen, setzt dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, werden Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen ist. Die Entscheidung stehe auch in Einklang mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG, welcher den Mindestjahresurlaub für Arbeitnehmer regelt. Entsprechendes entschied der EuGH bereits im Jahre 2012 (Urteil vom 08.11.2012 C-229/11).

Urteil zur Revision zugelassen

Das LAG Düsseldorf hat zwar die Revision zugelassen, ob das BAG jedoch zu einer anderen Auffassung kommen würde darf vor dem Hintergrund der Entscheidung vom 15.03.2019 (BAG, Urteil vom 15.03.2019, AZ. 9 AZR 315/17) sowie der bereits bestätigten Europarechtskonformität angezweifelt werden. Es komme maßgeblich auf die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistungserbringung an, somit ob es zu einer gegenseitigen Aufhebung der Leistungspflichten gekommen ist. Auch für den Fall des Sonderurlaubs bejahte das BAG dies in der vorzitierten Entscheidung, weshalb das Urteil nicht zu beanstanden sein dürfte.