Artikelbild Maengelbeseitungskosten
Architekt und Arbeiter auf Baustelle überprüfen die Fenster im Rohbau Von Kzenon

Weiterhin keine fiktiven Mängelbeseitigungskosten

I. Streitstand

Hinsichtlich der Ermittlung des Schadens im Rahmen des „kleinen Schadensersatzes“ (Schadensersatz statt der Leistung, §§ 280, 281 Abs. 1 BGB) herrscht Uneinigkeit zwischen den Senaten des BGH. Zuvor war es sowohl bei Immobilienkaufverträgen als auch Bauverträgen möglich gewesen, einen Sachverständigen die voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung schätzen zu lassen und diese im Wege des Schadensersatzes zu verlangen. Dies unabhängig davon, ob der Schaden später tatsächlich beseitigt wurde.

II. BGH, Urteil vom 22.02.2018, Az. VII ZR 46/17

Der VII. Zivilsenat des BGH hatte mit Urteil vom 22.02.2018, Az. VII ZR 46/17, entgegen der bisherigen Rechtsprechung, entschieden, dass es im Bereich des Werkvertragsrechts nicht mehr zulässig sei, einen Schadensersatzanspruch anhand sogenannter fiktiver Mängelbeseitigungskosten zu berechnen. Dies gilt seitdem nicht nur für Werkverträge nach dem BGB, sondern auch für VOB/B-Verträge und Architektenverträge. Unter anderem hatte der VII. Senat seine Auffassung damit begründet, dass es bei Mängeln, die für die Bauherren nicht so gravierend seien und die diese daher nicht beseitigen ließen, zu einer Überkompensation käme. Als Schadensersatz statt der Leistung bei unterbliebener Nacherfüllung sei lediglich die Wertdifferenz zwischen mangelhaftem und mangelfreiem Werk geschuldet.

III. BGH, Beschluss vom 13.03.2020, Az. V ZR 33/19

Der u.a. für das Kaufrecht zuständige V. Zivilsenat des BGH hatte daraufhin aufgrund der – seiner Meinung nach – divergierenden Ansichten eine Anfrage an den VII. Zivilsenat gerichtet, die zum einen die Frage betraf, ob der VII. Zivilsenat daran festhalte, dass der Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280, 281 Abs. 1 BGB nicht anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten berechnet werden darf. Zum anderen wurde angefragt, ob der VII. Zivilsenat daran festhalte, dass sich ein Schadensersatzanspruch des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auf Vorfinanzierung in Form der vorherigen Zahlung eines zweckgebundenen und abzurechnenden Betrags richten kann.

IV. BGH, Beschluss vom 08.10.2020, Az. VII ARZ 1/20

Der VII. Zivilsenat hielt in seinem Beschluss aus Oktober 2020 mit sehr eindeutigen Worten an seiner bisherigen Auffassung fest. Verschiedene schuldrechtliche Besonderheiten unterschieden das Werkvertragsrecht vom Kaufrecht. Aufgrund dieser grundsätzlichen Unterschiede sei es geradezu geboten, die jeweiligen Besonderheiten der Vertragstypen zu berücksichtigen. Zudem stünde dem Besteller im Werkvertragsrecht nach §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB die Möglichkeit offen, eine Klage auf einen abrechenbaren Vorschuss einzureichen, ohne in Vorlage gehen zu müssen. Insofern sei der Besteller auch weniger schutzwürdig als ein Immobilienkäufer. Ein Gleichlauf von Werkvertrags- und Kaufrecht sei nicht geboten. Abzuwarten bleibt, ob der V. Senat diese Antwort des VII. Senates akzeptiert oder den Großen Senat für Zivilsachen anruft, der eingerichtet wurde, um die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu sichern.

V. Fazit

Verfahren in Bausachen dauern oft mehrere Jahre, so dass die aktuelle Diskussion auch weiterhin äußerst relevant für laufende Verfahren ist. Aufgrund der neuen Rechtsprechung des VII. Zivilsenats des BGH werden zukünftige Klageanträge sich hieran auszurichten haben, soweit eine Mängelbeseitigung noch nicht stattgefunden hat.

 

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