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Schadensersatzanspruch des Vermieters: auch nach mehr als 30 Jahren?

Einleitung:

Spätestens nach 30 Jahren sind Ansprüche verjährt. So die weit verbreitete Vorstellung.
Allerdings gelten im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ganz unterschiedliche Verjährungsfristen, abhängig von Art und Rechtsgrund des Anspruches.
Im Mietrecht hatte der Bundesgerichtshof (BGH) kürzlich über die Frage der sog. Verjährungshöchstfrist der in § 548 Abs. 1 BGB geregelten kurzen Verjährungsfrist von sechs Monaten ab Rückgabe der Wohnung wegen Schadensersatzansprüchen des Vermieters gegen den Mieter zu entscheiden (BGH, Urt. v. 31.08.2022 – VIII ZR 132/20). Diese Frist steht im Spannungsverhältnis zur allgemeinen Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren nach § 199 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BGB.

Sachverhalt:

Mieter und Vermieter schlossen im Jahr 1981 einen Mietvertrag über eine Etagenwohnung, der weiter Bestand hat. Kurz nach Einzug installierte der Mieter im Badezimmerfußboden einen Wasserabfluss und verlegte neue Bodenfliesen. Allerdings erfolgten die Arbeiten unfachmännisch und der Abfluss war von Anbeginn undicht. Abfließendes Wasser durchfeuchtete – unbemerkt – allmählich den Fußboden unterhalb der Fliesen und die Deckenbalken der darunterliegenden Wohnung.
Im Jahr 2016 – also mehr als 30 Jahre nach Einbau des Abflusses – wurde der Schaden durch austretendes Wasser in der darunterliegenden Wohnung sichtbar. Die Deckenbalken waren wegen der anhaltenden Durchfeuchtung einsturzgefährdet.
Der Vermieter verlangte vom Mieter Schadensersatz für die notwendige Sanierung. Dagegen wendete der Mieter die Verjährung ein.
Das Landgericht Berlin als Berufungsinstanz wies die Klage wegen Verjährung ab. Die Pflichtverletzung des Mieters wegen der unfachmännischen Arbeiten lag mehr als 30 Jahre zurück. Auf den besonderen Verjährungsbeginn in § 548 Abs. 1 BGB – ab Rückgabe der Wohnung an den Vermieter – komme es nicht an, weil die allgemein geregelte Verjährungshöchstfrist von 30 Jahren auch für diesen Fall gelte.
Der Vermieter wandte sich an den BGH, der ihm bei der Frage der Verjährung Recht gab und die Klage zur weiteren Verhandlung an das Landgericht zurückverwies.

Urteil des BGH:

In seinem Urteil räumte der BGH der speziellen Verjährungsvorschrift in § 548 BGB Vorrang vor der allgemein geregelten Höchstfrist von 30 Jahren ein. Die abweichende Ansicht des Berufungsgerichts finde dagegen im Gesetz keine ausreichende Stütze. Der Vermieter könne Schadensersatzansprüche überhaupt erst nach Rückerhalt der Wohnung angemessen prüfen. Dem Interessenausgleich zwischen Mieter und Vermieter habe der Gesetzgeber durch die kurze Verjährungsfrist von sechs Monaten ab Rückgabe der Wohnung Rechnung getragen und damit eine abschließende Wertung vorgenommen, die nicht durch die allgemeine Verjährungshöchstfrist unterlaufen werden dürfe.
Der Anspruch des Vermieters war also nicht verjährt, weil die kurze Verjährungsfrist noch gar nicht begonnen hatte. Die Verjährungsfrist beginnt erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Wohnung zurückerhält. Die allgemeine Verjährungshöchstfrist gilt für die mietrechtliche Verjährungsregelung in § 548 BGB nicht. Auch mehr als 30 Jahre nach dem Einbau des undichten Abflusses kann der Vermieter mit Ersatz seines Schadens rechnen.

Zusammenfassung

Mit seiner „vermieterfreundlichen“ Entscheidung schafft der BGH Klarheit für die Abgrenzung der speziellen Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Vermieters von den allgemeinen Regelungen. Auch in den Fällen eines seit mehr als 30 Jahre andauernden Mietverhältnisses braucht der Vermieter keine Verjährung von Schadensersatzansprüchen vor Rückgabe der Wohnung zu befürchten.