Horse G920efb9d0 720x360
Image by romavor from Pixabay

PSSM2 beim Pferd – ein Sachmangel?

Die Frage, wann bei einem Pferd ein Sachmangel im Sinne von § 434 BGB vorliegt, ist ein Dauerbrenner bei Gericht. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass es laut Studie des Marktforschungsunternehmens IPSOS in Deutschland etwa 2,3 Millionen Pferdesportler gibt.

Nach § 434 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

Zwar sind Tiere keine Sachen, juristisch werden sie aber wie solche behandelt, § 90a BGB. Und genau dies bereitet den Gerichten oftmals Subsumtionsschwierigkeiten. Denn anders als bei Sachen, die sich anhand ihrer Funktion, Größe, des Materials oder der Farbe vergleichen lassen, ist es bei Pferden nicht so einfach, die Frage nach der Üblichkeit der Beschaffenheit zu beantworten.

Der BGH hat mit Urteil vom 18.10.2017 (Aktenzeichen: VIII ZR 32/16) entschieden, dass allein das Vorhandensein eines Befundes nicht zur Begründung eines Sachmangels ausreicht. Der Verkäufer hat ohne eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung der Kaufvertragsparteien nur dafür einzustehen, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem (ebenfalls vertragswidrigen) Zustand befindet, aufgrund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird und es deshalb oder aus sonstigen Gründen für die vertraglich vorausgesetzte beziehungsweise gewöhnliche Verwendung nicht mehr einsetzbar sein wird.

Das OLG Düsseldorf hat in einem Fall, bei dem es um die Diagnose des Gendefekts PSSM1 ging, mit Urteil vom 22.05.2014 (Aktenzeichen: 13 U 116/13) entschieden, dass die bloße Möglichkeit, dass irgendwann in der Zukunft die Erkrankung des Pferdes manifest und dadurch möglicherweise dessen Reiteigenschaft gemindert wird oder gänzlich verloren geht, zur Bejahung eines Mangels des Pferdes bei Gefahrübergang nicht genügt. Grundsätzlich beeinträchtigt eine nur geringe Wahrscheinlichkeit, dass ein klinisch unauffälliges Pferd künftig klinische Sympto                                                                                                                               me entwickelt, dessen Eignung nicht.

Und das LG Mönchengladbach hat mit Urteil vom 24.10.2013 (Aktenzeichen 6 O 53/12) entschieden, dass für das Vorliegen eines Mangels im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB nicht allein genügt, dass das Pferd einen genetischen Defekt aufweisen soll. Der Käufer eines Tieres haftet nach § 434 BGB nur dafür, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank ist und sich auch nicht in einem Zustand befindet, auf Grund dessen bereits die Sicherheit oder zumindest hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es alsbald erkranken wird. Der Verkäufer haftet nämlich grundsätzlich nur auf die Mängelfreiheit im Zeitpunkt des Gefahrübergangs und übernimmt keine Garantie für den Fortbestand der Gesundheit des Tieres. Hierbei ist auch nicht zu differenzieren zwischen Gendefekten, die für sich genommen zum Ausbruch einer Erkrankung führen, oder Gendefekten, die erst durch das Hinzutreten „externer Faktoren“ zum Krankheitsausbruch führen. In jedem Fall bedeutet das bloße Vorliegen eines Gendefekts noch nicht, dass dieser bezogen auf den Zeitpunkt des Gefahrübergangs in absehbarer Zeit zum Ausbruch gelangen muss.

Nach der Rechtsprechung dürfte somit die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten allein aufgrund des diagnostizierten Gendefekts PSSM2 wenig erfolgsversprechend sein. Denn solange das Pferd symptomlos ist, wird die Verwendung als Reitpferd nicht beeinträchtigt. Allein die (geringe) Wahrscheinlichkeit, dass das Pferd künftig Symptome einer PSSM2 entwickeln könnte, genügt gerade nicht. Ob eine Sicherheit oder hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Pferd alsbald erkranken wird und sich dann nicht mehr für die vertraglich vereinbarte oder übliche Verwendung eignet, dürfte für den Pferdkäufer hingegen kaum zu beweisen sein.